Eine erschoepft aussehende Ärztin

Zusammenhang zwischen Arbeitsbelastung und Burnout beim Hausarzt – Umfrage und registerbasierte Studie aus Dänemark

TL;DR

Das Burnout-Syndrom ist international bei Hausärzten weit verbreitet. Das Forscherteam der Universität Aarhus um Astrid Ibsen Bruun bewertet in dieser Studie das Burnout-Risiko bei dänischen Hausärzten im Verhältnis zur selbstberichteten und registerbasierten Arbeitsbelastung und bestätigt Zusammenhänge aus früheren Studien. Bei mehr als 5 Wochenarbeitstagen verdoppelt sich das Burnout-Risiko. Zudem scheint die tägliche patientenbezogene Zeit mit dem Burnout-Risiko zu korrelieren.

Inhaltsverzeichnis

Eine kürzlich durchgeführte Studie der Universität Aarhus liefert neue Erkenntnisse zu den Ursachen von chronischer Müdigkeit und Burnout unter praktizierenden Hausärzten in Dänemark. Im Rahmen dieser Untersuchung gaben 312 in Einzelpraxen tätige Allgemeinmediziner Auskunft über ihre Arbeitslast. Ziel der Studie war, das Burnout-Risiko im Zusammenhang mit objektiven Arbeitsbelastungsindikatoren durch die Kombination von Umfragedaten und Registerauswertungen zu erforschen. Dabei wurde die Annahme zugrunde gelegt, dass eine höhere Arbeitsbelastung der Hausärzte potenziell mit einem gesteigerten Burnout-Risiko einhergeht.

Ausgangslage

In Dänemark berichten Allgemeinmediziner zwar von einer hohen Berufszufriedenheit, dennoch verzeichnen über 30 % von ihnen eine mittlere bis schwere berufsbedingte Burnout-Symptomatik, wobei eine Zunahme dieser Erscheinung im Laufe der letzten zwei Jahrzehnte zu beobachten ist. Auch international spiegelt sich diese besorgniserregende Tendenz wider.

Hausärzte sind mit steigenden Ansprüchen der Patienten, wachsendem medizinischen Bedarf und zunehmender Arbeitsintensität konfrontiert. Die Allgemeinmedizin fungiert in Dänemark als zentrale Schnittstelle für den Zugang zum öffentlichen Gesundheitssystem, das durch staatliche Mittel finanziert wird. Fast jeder Einwohner ist einer Hausarztpraxis zugewiesen, die für allgemeinmedizinische Beratungen zuständig ist. Durchschnittlich betreut jeder Hausarzt rund 1600 Patienten. Für die Inanspruchnahme spezialisierter medizinischer Leistungen oder für Einweisungen ins Krankenhaus ist im Regelfall eine Überweisung durch den Hausarzt notwendig. Entsprechend nationaler Vereinbarungen müssen die Hausärzte an Werktagen von 8 Uhr morgens bis 16 Uhr nachmittags medizinische Grundversorgung anbieten. Zudem sind eine Vielzahl von Hausärzten verpflichtet, sich auch an der medizinischen Versorgung außerhalb dieser Kernarbeitszeiten zu beteiligen. Als selbstständige Partner im Gesundheitssystem arbeiten Hausärzte auf Vertragsbasis mit den regionalen Gesundheitsbehörden und leiten eigenverantwortlich ihre Praxen. Die Entlohnung setzt sich aus einer festen Pauschale pro eingeschriebenem Patienten und zusätzlichen Gebühren für erbrachte Leistungen zusammen.

Symptome des Burnout-Syndroms

Burnout wird durch langanhaltende emotionale Belastungen und zwischenmenschliche Schwierigkeiten am Arbeitsplatz verursacht und steht in Verbindung mit einer Vielzahl negativer gesundheitlicher Auswirkungen. Zu den Hauptsymptomen zählen

  • Muskelskelettschmerzen
  • Depression
  • Schlafprobleme
  • Erhöhter Konsum von Alkohol und Drogen
  • Suizidgedanken

Die daraus resultierende Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit der Mediziner kann zu medizinischen Fehlern, nachlässigem Verschreibungsverhalten und ineffizienten Arbeitsprozessen führen, was die Qualität und Effizienz der Patientenversorgung direkt beeinträchtigt. Eine hohe Arbeitszufriedenheit hingegen geht oftmals mit einer besseren Qualität der Gesundheitsversorgung einher. Angesichts der zentralen Rolle der Primärversorgung im Gesundheitssystem ist es von entscheidender Bedeutung, die Burnout-Prävalenz unter Ärzten zu verringern, um die Qualität der Patientenbetreuung zu verbessern und das Gesundheitssystem zu entlasten.

Ein erschöpft aussehender Arzt

Methodik der Studie

Datensammlung:

Die Daten zur stammen aus einer Fragebogenumfrage unter dänischen Hausärzten zum Thema Arbeitszufriedenheit und psychisches Wohlbefinden aus dem November 2019. Mit Insgesamt 1866 Hausärzten haben knapp über 55 % den Fragebogen ausgefüllt. Für diese Studie wurden nur Hausärzte mit Einzelpraxen berücksichtigt, damit die genaue Zuordnung von Arbeitsaufwand und Patient gesichert ist. Auch Hausärzte mit Stellvertreter sind nicht in die Studie eingeschlossen. Somit wurden insgesamt 312 Hausärzte in Analyse mit einbezogen.

Burnout-Score:

Im Rahmen der Untersuchung zum Thema Burnout bei Allgemeinmedizinern wurde der Maslach Burnout Inventory-Human Services Survey (MBI-HSS) verwendet, um ein detailliertes Burnout-Profil zu erstellen. Dieses wissenschaftlich validierte Selbsteinschätzungsinstrument ist zur Beurteilung eines Burnout-Syndroms Goldstandard. Der 22-Punkte-Fragebogen umfasst drei Kernbereiche: emotionale Erschöpfung, Depersonalisierung und persönliche Leistung.

Zur Quantifizierung des Burnout-Risikos der Teilnehmenden wurde ein zusammengesetzter Score aus Quartilpunkten berechnet. Über den Fragebogen wurden zudem Daten zur wöchentlichen Arbeitszeit erfasst. Patientenregister lieferten Informationen zu der Anzahl durchgeführter Behandlungen und der Größe der Patientenkartei. Mittels binomialer Regressionsanalysen wurde der Zusammenhang zwischen der gemessenen Burnout-Gefährdung und der Arbeitsbelastung evaluiert. In die Berechnungen flossen darüber hinaus demografische Merkmale wie das Alter und das Geschlecht der befragten Mediziner sowie der sozioökonomische Status der Patienten ein.

Ergebnisse

Bei mehr als 5 Wochenarbeitstagen verdoppelt sich das Burnout-Risiko

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eher die Gesamtarbeitszeit als die Intensität der Arbeitsbelastung mit einem erhöhten Risiko für Burn-out in Verbindung steht.

Das Arbeiten an über fünf Tage wöchentlich in einer Hausarztpraxis scheint das Risiko eines hohen Burnout-Scores signifikant zu erhöhen – konkret um mehr als das Zweifache. Die Forschergruppe merkt an, dass möglicherweise zwei Szenarien dieses Phänomen bedingen könnten: Zum einen könnte ein übermäßiger selbstauferlegter Perfektionismus seitens der Allgemeinmedizinereinen Faktor darstellen, der das Burnout-Risiko steigert. Zum anderen ist es denkbar, dass eine bereits bestehende burnoutbedingte Verringerung der Arbeitsleistung zu einer Ausdehnung der Arbeitswoche führt, um die regulären Praxisanforderungen zu erfüllen. Beide Überlegungen bieten plausible Erklärungsansätze für die beobachteten Zusammenhänge.

Viel patientenbezogene Zeit täglich korreliert mit erhöhtem Burnout-Risiko

Mehr als 7,5 Arbeitsstunden täglich in Patientenbetreuung zu investieren, war ebenfalls mit einem gestiegenen Burnout-Risiko verbunden. Praktizierende, die tägliche Arbeitszeiten von 8,5 bis 9,5 Stunden für die Patientenversorgung aufbrachten, zeigten die höchsten Burnout-Scores. Zwischen der Anzahl der durchgeführten medizinischen Dienstleistungen und der Gefahr eines Burnouts konnte in dieser Studie kein direkter Zusammenhang festgestellt werden.

Weitere unbekannte Faktoren könnten für Burnout-Symptome verantworlich sein

Dr. Astrid Ibsen Bruun und ihr Forschungsteam von der Universität Aarhus ziehen das Resümee, dass möglicherweise andere Aspekte als die reine Arbeitsmenge ausschlaggebend für die Entwicklung von Burnout-Syndromen sein könnten. Sie empfehlen, dass künftige Forschungen verstärkt individuelle und umweltbezogene Einflussfaktoren berücksichtigen, um ein ganzheitlicheres Bild von den Auslösern sowohl positiver als auch negativer Effekte auf Burnout zu erhalten.

Fazit: Auch Hausärzte müssen auf die Work-Live-Balance achten

Die Ergebnisse der dänischen Studie legen nahe, dass insbesondere Hausärzte, die umfangreiche Wochenarbeitszeiten und täglich viele Stunden in direkter Patientenbetreuung verzeichnen, ein erhöhtes Burnout-Risiko tragen. Damit betont die Forschung die Notwendigkeit einer ausgewogeneren Work-Life-Balance und zwingt zu einem Umdenken in der Gestaltung ärztlicher Arbeitsbedingungen.

Diese Erkenntnisse fordern das Gesundheitssystem heraus, Strukturen zu schaffen, die die psychische Gesundheit der Mediziner schützen und für deren nachhaltiges Wohlbefinden sorgen. Dazu gehört auch die Sensibilisierung für die individuellen Ursachen von Burnout, was eine gezieltere Prävention ermöglichen kann.

Es ist im Interesse aller, die starken Zusammenhänge zwischen Arbeitsbelastung und Burnout ernst zu nehmen und in konkrete Verbesserungsmaßnahmen zu investieren. Die Sicherstellung der Gesundheit von Hausärzten ist dabei ein entscheidender Schritt zur Gewährleistung einer hochqualitativen Patientenversorgung. In zukünftigen Forschungsansätzen ist es erforderlich, weitere Faktoren zu untersuchen, die zur Entwicklung von Burnout beitragen, um zielgerichtete Präventions- und Interventionsstrategien entwickeln zu können.

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