TL;DR
Das Wachstumschancengesetz bringt steuerliche Vorteile für Arztpraxen und MVZ. Hierzu zählen insbesondere die Möglichkeit der degressiven Abschreibung und die Anhebung des Investitionsabzugsbetrags. Diese finanziellen Anreize erleichtern Praxisinhabern Investitionen in moderne Gerätemedizin oder in die Digitalisierung, da sie die erforderliche Liquidität erhöhten und die Steuerlast verringern.
Inhaltsverzeichnis
Das jüngst von Bundestag und Bundesrat verabschiedete Wachstumschancengesetz ist ein bedeutsamer Schritt zur steuerlichen Entlastung, von der sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen profitieren. Obgleich einige der anfänglich vorgesehenen Begünstigungen im Zuge der Verhandlungen des Vermittlungsausschusses gekürzt wurden, stehen Entlastungen in Höhe von 3,2 Milliarden Euro bereit. Auch Arztpraxen dürfen mit Steuererleichterungen rechnen.
Was ist das Wachstumschancengesetz?
Mit Blick auf eine zukunftsgerichtete Wirtschaftspolitik, die sowohl Innovationskraft als auch nachhaltige Entwicklung anstrebt, hat die Bundesregierung das Wachstumschancengesetz ins Leben gerufen. Es ist Teil eines 10-Punkte-Plans für den Wirtschaftsstandort Deutschland.
Durch den jüngsten Beschluss von Bundestag und Bundesrat gewinnt dieses Gesetz Kraft, um Deutschland in eine neue Ära wirtschaftlicher Resilienz und ökologischer Verantwortung zu führen. Das Gesetz trägt das Versprechen, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu steigern und Deutschland als leistungsfähigen und attraktiven Wirtschaftsstandort zu festigen.
Das Gesetzespaket zielt darauf ab, Unternehmen von Steuerlasten zu befreien, Entscheidungsfreiheit durch den Abbau bürokratischer Strukturen zu schaffen und optimale Bedingungen für forschungs- und entwicklungsbasierte Investitionen zu etablieren. Diese strategische Förderung spiegelt sich in einer Reihe konkreter Maßnahmen wider:
- Verstärkung der steuerlichen Unterstützung für Forschung und Entwicklung
- Verbesserte Möglichkeiten bei der Abschreibung
- Attraktive steuerliche Rahmenbedingungen für den Neubau von Wohnraum
- Verbesserte Handhabung des steuerlichen Verlustabzugs
- Einführung der elektronischen Rechnungsstellung
Das Gesetz wurde in abgespeckter Form verabschiedet. Ursprünglich war ein Entlastungsvolumen von über 6 Milliarden Euro geplant. Dieser Gesetzesentwurf fand jedoch keine Mehrheit im parlamentarischen Verfahren. Verabschiedet wurde nun eine Fassung mit deutlich reduziertem Entlastungsvolumen. Die vorgesehene Klimaschutz-Investitionsprämie wurde komplett gestrichen.
Steuerliche Entlastung für Arztpraxen und MVZ
Degressive Abschreibung:
Für bewegliche Wirtschaftsgüter für das betriebliche Anlagevermögen, die zwischen dem 1. April 2024 und dem 31. Dezember 2024 erworben werden, besteht nun die Möglichkeit, statt der linearen die degressive Abschreibung zu wählen. Diese vorteilhafte Neuregelung erlaubt es Praxen, einen Abschreibungssatz zu nutzen, der das Doppelte der linearen Abschreibung, bis zu einem Höchstwert von 20 Prozent der Anschaffungskosten, beträgt. Ihre Arztpraxis hat dadurch in den ersten Abschreibungsjahren höhere Betriebsausgaben, die Sie steuerlich geltend machen können.
Sonderabschreibung von 40 %:
Der Investitionsabzugsbetrag gemäß § 7g EStG erfährt eine deutliche Anpassung. Für Anschaffungen von beweglichen Gegenständen des Anlagevermögens nach dem 31. Dezember 2023 wird die zuvor bestehende Möglichkeit der Sonderabschreibung von 20 Prozent auf 40 Prozent angehoben. Somit ist eine Abschreibung von bis zu 60 % im ersten Jahr möglich, wenn die Sonderabschreibung mit der degressiven Abschreibung kombiniert wird.
Höhere Freigrenze für Geschenke:
Die Grenze von 35 Euro in der Vergangenheit erhöht sich jetzt auf 50 Euro für steuerlich abzugsfähige Geschenke.
Umsatzsteuer:
Mit Wirkung ab dem Jahr 2024 erfährt das Umsatzsteuergesetz eine signifikante Änderung, die insbesondere für Kleinunternehmen und Arztpraxen mit minimalen umsatzsteuerpflichtigen Einnahmen relevant ist. Die Novellierung sieht vor, dass die Grenze für die verpflichtende Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen — gegenwärtig auf 1.000 Euro festgelegt — auf 2.000 Euro angehoben wird. Dies bedeutet, dass Unternehmer mit einem Umsatzsteuerbetrag von bis zu 2.000 Euro nur noch eine jährliche Umsatzsteuererklärung einreichen müssen.
Zudem sind in Zukunft Kleinunternehmer, einschließlich vieler Betreiber von Arztpraxen, von der Pflicht zur Umsatzsteuererklärung entlastet. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Finanzämter das Recht behalten, auch von diesen Gruppen eine Umsatzsteuererklärung einzufordern, falls dies zur Sicherstellung der steuerlichen Korrektheit erforderlich sein sollte. Diese aktualisierte Gesetzeslage reflektiert ein Verständnis für die zeitlichen und organisatorischen Herausforderungen, denen sich besonders kleine Gewerbetreibende gegenübersehen, und stellt somit einen Schritt hin zu einer vereinfachten und gerechteren steuerlichen Praxis dar.
Dienstwagennutzung:
Die steuerliche Behandlung von Dienstwagen erfährt ebenfalls eine Anpassung, die insbesondere Elektro- und Hybridfahrzeuge betrifft. Absehbar ist eine Anhebung der Obergrenze des Bruttolistenpreises von bisherigen 60.000 Euro auf 70.000 Euro. Diese Maßnahme soll die attraktive Besteuerung dieser umweltfreundlichen Fahrzeugoptionen weiter fördern. Allerdings ist eine Aufhebung der bislang geltenden Distanzlimits für die Akkureichweite bei Hybridfahrzeugen nicht vorgesehen, diese bleiben unverändert bestehen. Mit dieser Regelung wird das Bestreben fortgeführt, die Nutzung von Fahrzeugen mit geringerem ökologischem Fußabdruck im betrieblichen Kontext steuerlich zu begünstigen.
Weitere wichtige Steuervorteile für den privaten Haushalt
Privatpersonen profitieren zusätzlich von folgenden Änderungen durch das Wachstumschancengesetz:
Degressive Abschreibung für Gebäude:
Um den Wohnungsbau zu beleben, wird die Implementierung einer Abschreibung für Abnutzung (AfA) in Höhe von fünf Prozent für Baumaßnahmen vorgesehen, deren Herstellung nach dem 30. September 2023 beginnt und vor dem 1. Oktober 2029 abgeschlossen wird. Diese Neuerung ermöglicht es, Gebäude wesentlich schneller steuerlich geltend zu machen, als es bisher der Fall war, was merklich zu steuerlichen Entlastungen (durch beschleunigte Abschreibungen) beitragen kann.
Sonderabschreibung für den Mietwohnungsbau:
Zur Förderung des Wohnungsbaus ergreift die Ampelkoalition weitere wichtige Maßnahmen: Die Herstellungskostengrenze wird von 4.800 Euro auf 5.200 Euro pro Quadratmeter angehoben, während die maximale Bemessungsgrundlage von 2.500 Euro auf 4.000 Euro pro Quadratmeter gesteigert wird. Darüber hinaus wird die Frist für Bauanträge und -anzeigen verlängert, sodass Projekte, die vor dem 1. Oktober 2029 initiiert werden, nun eingeschlossen sind – eine Erweiterung gegenüber dem vormaligen Stichtag des 1. Januar 2027. Die Sonderabschreibung kann mit der degressiven Gebäudeabschreibung kombinieren werden.
Freigrenze für private Veräußerungsgeschäfte wird erhöht:
Ab diesem Jahr erfahren Privatpersonen eine gewisse steuerliche Erleichterung durch die Anhebung der Freigrenze bei privaten Veräußerungsgeschäften. Diese steigt von bisher 600 Euro auf nunmehr 1.000 Euro.
E-Rechnungspflicht für Arztpraxen und MVZ
Ein zentrales Element des Wachstumschancengesetzes ist die Einführung einer Pflicht zur Ausstellung von E-Rechnungen für bestimmte Transaktionen zwischen Unternehmen. Diese Neuerung wird mit einer Anpassungsphase eingeführt, die 2025 beginnt und durch gestaffelte Übergangsfristen gekennzeichnet ist. Ab dem Jahr 2028 wird die Erstellung von E-Rechnungen in allen Geschäftsbereichen verbindlich, was ebenso für den Gesundheitssektor und somit für medizinische Einrichtungen wie Praxen und Medizinische Versorgungszentren (MVZ) gilt.
Das Wachstumschancengesetz als Katalysator für die Digitalisierung im Gesundheitswesen
Das Wachstumschancengesetz, auch wenn es sich primär auf die steuerlichen Erleichterungen konzentriert, kann indirekte Auswirkungen auf die Digitalisierung von Arztpraxen haben. Ein wesentlicher Aspekt des Gesetzes sind verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten für Investitionen in das Anlagevermögen. Dies kann auch für digitale Anschaffungen in Arztpraxen gelten, also Investitionen in moderne Informationstechnologie, telemedizinische Geräte oder Software zur Patientenverwaltung.
Durch die Möglichkeit, diese digitalen Wirtschaftsgüter schneller abzuschreiben, steigt der Anreiz für Praxisinhaber, in digitale Technologien zu investieren. Schnellere Abschreibungen verbessern die Liquidität einer Praxis, wodurch wiederum finanzielle Mittel schneller für weitere Innovationen oder Investitionen verfügbar werden.
Ein weiterer relevanter Aspekt ist die Einführung der elektronischen Rechnungsstellung (E-Rechnung) als verpflichtende Anforderung für bestimmte Transaktionen zwischen Unternehmen. Während die genauen Auswirkungen auf den Gesundheitssektor und Arztpraxen von den Details der Umsetzung abhängen, wird diese Änderung zweifelsohne den Trend zur Digitalisierung weiter stärken, da Praxen ihre internen Prozesse und Systeme entsprechend anpassen müssen.
Fazit: Steuerliche Erleichterungen für Arztpraxen in abgespeckter Form
Abschließend reflektiert das Wachstumschancengesetz trotz abgespeckter Form einen wichtigen Fortschritt in der steuerlichen Begünstigung von Unternehmen wie Arztpraxen. Es bietet trotz gewisser Reduktionen der ursprünglichen Entwurfsvorhabenpragmatische Erleichterungen an.
Durch höhere Abschreibungssätze, Anpassungen beim Investitionsabzugsbetrag und eine vereinfachte Umsatzsteuerregelung werden substanzielle Optimierungen im steuerlichen Bereich geschaffen. Diese Maßnahmen können signifikant zur Kostensenkung beitragen und Investitionen in Praxismodernisierung sowie Digitalisierung stimulieren. Allerdings ist zu beachten, dass es wichtige Aspekte gibt, die nicht übernommen wurden, wie etwa die Klimaschutz-Investitionsprämie. Nichtsdestotrotz etabliert das Wachstumschancengesetz steuerliche Verbesserungen, die den Arztpraxen wirkungsvolle finanzielle und operative Vorteile bieten sollen
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